Online-Ausstellung: "Die sowjetische Geheimdienststadt 'Militärstädtchen Nr. 7'"
Station 11: Deutschlandzentrale der sowjetischen Militärspionageabwehr
In der Potsdamer Zentrale arbeiteten Ende der 1940er Jahre etwa 150 Offiziere, Unteroffiziere, Soldaten und Zivilangestellte der Militärspionageabwehr. Welche Abteilungen außer der Geschäftsstelle und der Dechiffrierabteilung noch im ehemaligen Kaiserin-August-Stift residierten, ist unklar. In der Krankenstation der einstigen Mädchenschule befand sich ein abhörsicherer Raum. Die Turnhalle war zum Offiziersclub umgestaltet worden.
Der Dolmetscher und Mitarbeiter der Ermittlungsabteilung Rafail Golbfarb lief 1949 zum amerikanischen Geheimdienst Counter Intelligence Corps (CIC) über. Er hat den damaligen Aufbau der Potsdamer Militärspionageabwehr überliefert. Die eigentlichen Spionageabwehraufgaben erfüllten die Abteilungen I bis IV. Diese stützten sich bei ihrer Arbeit auf ein Netz von Informanten.
Die Abteilung I überwachte sämtliche Militärstandorte sowie Armeeangehörige. Bei den Truppen in Ostdeutschland waren ständig 350.000 bis 500.000 Mann stationiert. Die Abteilung II steuerte die Einsätze der Spionageabwehr innerhalb und außerhalb der Sowjetischen Besatzungszone/DDR. Für die Spionage in der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszone hatte die Abteilung entsprechende Bereiche. Ab Herbst 1948 war die Abteilung für die Abwehr von Spionage gegen Angehörige der Sowjetarmee und deren Zivilangestellten zuständig. Eine Sondereinsatzgruppe sollte Deserteure und sogenannte Verräter aufspüren. Sie entführten zudem Verdächtige oder Zeugen aus den Berliner Westsektoren.
Die Abteilung III kontrollierte die gesamte Spionageabwehrarbeit und Agententätigkeit innerhalb der sowjetischen Streitkräfte in der Sowjetischen Besatzungszone/DDR. Die operativen Mitarbeiter unternahmen regelmäßig Inspektionsfahrten zu den Abteilungen für Spionageabwehr bei den Truppen.
Die (Untersuchungs-) Abteilung IV führte für die sowjetische Militärstaatsanwaltschaft alle Ermittlungen, Verhöre, Zeugenvernehmungen und Beweiserhebungen durch und sammelte belastendes Material im Sinne der Anklage. Bis 1955 gerieten immer wieder auch Deutsche unter den Verdacht der Spionage. Ein rechtsstaatliches Verfahren gab es für die Häftlinge nicht.