Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten Gedenk‑ und Begegnungsstätte Leistikowstraße Potsdam

1945-1994 Geheimdienststadt "Militärstädtchen Nr. 7"

Sowjetische Geheimdienststadt „Militärstädtchen Nr. 7"

Die Geheimdienststadt „Militärstädtchen Nr. 7“ war als Deutschlandsitz der sowjetischen Militärspionageabwehr neben der Zentrale des sowjetischen Geheimdienstes KGB in Berlin-Karlshorst der wichtigste nachrichtendienstliche Vorposten der Sowjetunion an der Nahstelle zu Westeuropa. Die ersten Gebäude im Areal beschlagnahmte die Militärspionageabwehr bereits beim Einmarsch der Roten Armee im April 1945. Nach der Potsdamer Konferenz im August 1945 weitete sie ihren Standort auf 16 Hektar mit 100 Gebäuden aus. Die Bewohner mussten ihre Häuser entschädigungslos räumen. Dafür blieben ihnen in der Regel nur wenige Stunden. 

Die zentrale Verwaltung der Militärspionageabwehr befand sich im ehemaligen Kaiserin-Augusta-Stift in der Albrechtstraße (heute: Am Neuen Garten), keine 200 Meter vom Gefängnis in der Leistikowstraße entfernt. Von hier aus koordinierte die Spionageabwehr mehr als 40 Jahre lang alle Geheimdienstaktionen auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der DDR. Das Gefängnis war der Zentrale unmittelbar unterstellt. 

Im Nachbargebäude des Gefängnisses, in der Leistikowstraße 2/3, hatte die Untersuchungsabteilung ihren Sitz. Sie führte für die Militärstaatsanwaltschaft alle Ermittlungen, Verhöre, Zeugenvernehmungen und Beweiserhebungen durch und erarbeitete den Abschlussbericht, der die Grundlage für die Anklageerhebung war. In der Kapelle des ehemaligen Stifts tagten Sowjetische Militärtribunale und verhängten auch gegen Deutsche auf der Grundlage sowjetischer Gesetze und Erlasse sowie alliierter Kontrollratsgesetze hohe Haftstrafen und sogar Todesurteile.

 Das Geheimdienstareal verfügte über eine komplexe Infrastruktur. Die vorhandenen Häuser und Villen dienten als Wohn- und Diensträume für die Mitarbeiter des Geheimdienstes, zur Kasernierung des 10. KGB-Wachbataillons sowie als Krankenstationen, Geschäfte, Depots, Klubräume mit Kino, Saunen, Bibliotheken, Gästehäuser und Hotels. Viele Gebäude wurden entsprechend ihrer Funktion baulich massiv verändert. Es gab ein eigenes Post- und Telefonsystem sowie Einkaufsmöglichkeiten für Lebensmittel, Haushaltswaren und Bekleidung. Darüber hinaus befanden sich ein Fuhrpark, Sport- und Freizeitanlagen und Lagerstätten auf dem Gelände. Die eigene Infrastruktur garantierte dem „Militärstädtchen Nr. 7“ und seinen Bewohnern in Krisenfällen eine gewisse Unabhängigkeit. Schlagbäume, Wachtürme und Bretterzäune, später Betonmauern riegelten das Gebiet von der Öffentlichkeit ab. Beim Abzug der russischen Truppen vom Gebiet der vormaligen DDR wurde das Sperrgebiet am Neuen Garten als einer der letzten Standorte am 15. August 1994 aufgegeben. 

 
Über die Geschichte des „Militärstädtchens Nr. 7“ informiert ein 2,5 km langer Geschichtspfad. Eine ergänzende Online-Ausstellung bietet Hintergrundinformationen und historische Fotografien.